Lesen lernen ist nicht immer leicht. Damit Kinder die Lust nicht verlieren, brauchen sie Erstlesebücher, die den jeweiligen Interessen entsprechen und nicht mehr verlangen, als ein Kind leisten kann. Erstlesebücher sind an die Bedürfnisse der Leseanfänger angepasst und versuchen mit ihren unterschiedlichen Konzepten die ersten Schritte zu erleichtern. Nicht alle sind dafür geeignet. Hier erfährst du, worauf es ankommt.
In Fachkreisen werden Erstlesebücher immer wieder mit den Worten „trivial, einfach und literarisch wenig anspruchsvoll“ abgetan. Das muss meiner Meinung nach nicht sein. Ja, ein Erstlesebuch sollte hinsichtlich Gestaltung, Inhalt und Sprache gewisse Kriterien erfüllen. Daraus zwangsläufig auf triviale Literatur zu schlussfolgern, halte ich für eine verkürzte Ansicht.
Was macht ein Kinderbuch zum Erstlesebuch?
Von dem Wissen über erste Buchstaben bis hin zum sinnentnehmenden Lesen komplexer Texte ist es ein langer Weg. Dieser beginnt zunächst auf der Ebene der Buchstaben, gefolgt von Worten und kurzen Sätzen. Worte wie „Kinderbuch“, die wir sofort erfassen, müssen von Leseanfängern mühsam gegliedert und entschlüsselt werden. Dabei bedeutet gelesen noch lange nicht verstanden! Oft ist am Satzende dessen Anfang längst wieder vergessen. Die Gestaltung der Seiten in Erstlesebüchern bietet deshalb eine wesentliche Hilfestellung, ebenso wie die Beachtung inhaltlicher und sprachlicher Aspekte.
Layout der Erstlesebücher
- serifenlose (Druck-)Schrift
- Schriftgröße und Zeilenabstand größer
- linksbündig (Flattersatz)
- kurze Zeilenlänge
- keine Worttrennungen
- Zeilenumbruch nach Sinnschritten
- wenig Text, hoher Bildanteil
- in Absätze, Anschnitte und Kapitel gegliedert
Inhaltliche Aspekte der Erstlesebücher
- Handlungen und Personen, die an eigene Erfahrungen anknüpfen
- relevante Themen
- Identifikationsfiguren
Sprachliche Gestaltung von Erstlesebüchern
- lineare Erzählweise, ein Handlungsstrang, keine Zeitsprünge, möglichst kein Perspektivwechsel
- Zeitform: Präsens
- kurze, verständliche Sätze und wenige Nebensätze
- zu Beginn bevorzugt lautgetreue, kurze Worte
- vorangestellte Redebegleitsätze bei wörtlicher Rede
- in Maßen: abstrakte Nomen, Komposita, Substantivierungen, Verkleinerungsformen, schwierige Adjektive
Gute und schlechte Erstlesereihen
Mittlerweile gibt es zahlreiche Reihen mit Erstlesebüchern auf dem Markt, die sich mehr oder weniger stark voneinander unterscheiden. Viele Verlage haben Stufenkonzepte entwickelt. Innerhalb dieser Stufen nehmen die Anforderungen zu. Problematisch ist, dass den Stufen oftmals konkreten Alters- oder Klassenstufen zugeordnet sind. Das kann den verschiedenen Leseniveaus der Schüler innerhalb eines Jahrgangs nicht gerecht werden und sorgt für Frust bei leseschwachen Kindern. Außerdem sind die Lesestufen der unterschiedlichen Verlage sehr unterschiedlich. Während Lesestufe 1 des einen Verlags bereits bei Vorschulkindern mit wenig Schrifterfahrungen ansetzt, können Bücher derselben Stufe eines anderen Verlages im Durchschnitt erst Ende der 1. Klasse bewältigt werden.
Erstlesebücher sollen vor allem eins: über Erfolgserlebnisse die Lesemotivation wecken. Dafür braucht es besonders bei Schwierigkeiten beim Lesenlernen sehr passgenaue Angebote. Die Erstlesebücher müssen hinsichtlich Schwierigkeit und Thema auf die Kinder abgestimmt werden.
Damit das leichter gelingt, werde ich in den nächsten Wochen in einer Artikelserie verschiedene Erstlesereihen vorstellen, nach oben genannten Kriterien bewerten und miteinander vergleichen. Du darfst gespannt sein!
Welche Erstlesebücher findest du besonders gut? Gab es auch welche, die du niemandem empfehlen würdest?
Hey Anna,
viele Erstlesebücher sind leider oft so versimpelt, dass sich die Kinder dabei veralbert vorkommen. Die Erfahrung habe ich jedenfalls bei meinem Sohn gemacht. Der konnte mit den Erstlesebüchern kaum was anfangen. Stattdessen hat er die richtigen Kinderbücher seiner kleinen Schwester gelesen und selbst gleich zu dickeren Büchern gegriffen. Am Anfang haben wir die (bspw. Miles & Niles) im Wechsel gelesen, mittlerweile liest er alleine.
Am meisten haben ihm aber Comics geholfen, in das Selbstlesen zu kommen. Irgendwann haben ihm die Bilder nicht mehr gereicht und er hat angefangen, auch den Text zu lesen. Da kam es gar nicht auf besonders große Schrift oder einfache Wörter an, sondern auf eine spannende Geschichte. Irgendwie verständlich 😉
Lg
Eva
Hallo Eva,
Ja, die Einfachheit kann ein Problem sein. Es gibt Bücher, in denen der kurze Text über Bilder weitergeführt wird. Damit wird das Buch gehaltvoller und ist dennoch nicht langweilig. Besonders Kinder, denen das Lesenlernen schwer fällt und die in der 2./3. Klasse Texte auf der 1. Lesestufe lesen, brauchen anspruchsvollere Inhalte.
Die Faszination für Comics wird in Erstlesebüchern mittlerweile aufgegriffen, was mir genau aus den Gründen, die du beschreibst, sehr gut gefällt. Dazu bald mehr wenn ich die Reihe Leserabe vorstelle.
Liebe Grüße!