Wer kennt ihn nicht, den Leserabe vom Ravensburger Verlag. Freudig grinsend steckt er seinen gelben Schnabel ins Buch und hat damit einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Aus dem Sortiment der Erstlesebücher ist die Reihe nicht wegzudenken und in Buchhandlungen füllen die Bücher mit dem niedlichen Leserabe am Buchrücken ganze Regalmeter aus. „Lesen lernen mit Spaß“ so die Devise – wird sie erfüllt?
Eins möchte ich gleich vorweg nehmen: Obwohl die Reihe viele Ähnlichkeiten mit anderen aufweist, finden sich darunter wirklich hervorragende, neue Ansätze. Ich vermute, dass die demnächst auch von anderen Verlagen aufgegriffen werden, sofern das nicht schon geschehen ist (umgekehrt natürlich auch, manches hat Ravensburger adaptiert).
Leserabe – das Konzept
Auch der Ravensburger Verlag hat seine Erstlesebücher in drei Lesestufen unterteilt. Von Stufe zu Stufe nimmt die Textmenge zu, die Sätze werden komplexer und die Schrift kleiner. Das erinnert an die Büchersterne vom Oetinger Verlag, die ich bereits vorgestellt hatte. Im Unterschied zu Oetinger finden wir auf dem Cover der Bücher keine Angabe zur Klassenstufe, sondern die Klassifizierung in die 1., 2. oder 3. Lesestufe.
Prima, genau so soll es sein! Jeder weiß, wie groß die Unterschiede im Kompetenzbereich Lesen bei den einzelnen Schülern einer Klasse sind. Und nichts ist ungünstiger, als leseschwache Schüler zu demotivieren, indem sie in der 3. Klasse Bücher für Erstklässler vorgelegt bekommen. Da klingt Lesestufe 1 deutlich angenehmer.
Aber leider, leider bleibt Ravensburger nicht dabei und so befindet sich auf der Rückseite des Buches eine Zuordnung, demnach Bücher der Lesestufe 1 ab der 2. Klasse, die der Stufe 2 ab der 2. Klasse und die von Stufe 3 ab der 3. Klasse geeignet sind. Und, was ist das? Einmal das Buch gedreht und auf den Buchrücken geschaut. Hier befindet sich eine nackte Angabe zur Klassenstufe. Keine Lesestufe. Mpfh!
In meinem Artikel Erstlesebücher unter der Lupe hatte ich auf die Kriterien verwiesen, die es Leseanfängern erleichtern, in die Welt der Schriftsprache einzutauchen und erste eigene Bücher zu lesen. Die Leseraben-Bücher sind ebenfalls im Flattersatz (linskbündig) geschrieben, in kurze Kapitel und Absätze unterteilt und mit vielen Illustrationen versehen. In Lesestufe 1 und 2 erfolgt der Wechsel auf die nächste Zeile nicht innerhalb einer Wortgruppe, sondern nach sogenannten Sinnschritten.
Leserabe – Silbenmethode
Die Silbenmethode ist eigentlich eine Methode aus dem Anfangsunterricht in der Grundschule und eine Möglichkeit von weiteren, Kindern das Lesen und Schreiben beizubringen. Der Mildernberger Verlag hat mit dem ABC der Tiere ein Fibellehrwerk geschaffen, das diese Methode konsequent umsetzt. Besonders Schüler, die große Probleme beim Lesenlernen haben, profitieren davon sehr. So ist dieser Ansatz mittlerweile in anderen Fibeln integriert und auch in Legasthenie-Klassen (LRS) wird mit Silben gearbeitet.
Der Ravensburger Verlag veröffentlicht einige seiner Titel als broschierte und damit recht preiswerte Ausgabe mit der Silbenmethode des Mildenberger Verlags. Dafür sind die Sprechsilben immer abwechselnd rot und blau markiert.
Ich habe mit diesen Büchern sehr gute Erfahrungen gesammelt. Auch wenn im Deutschunterricht mit einer anderen Fibel gearbeitet wird, sind diese Erstlesebücher eine geeignete Ergänzung. Später gehen die Kinder zu den gewohnten, einfarbig schwarzen Texten über. Die Silben sind ein Zwischenschritt, den einige Kinder brauchen und der den anderen nicht schadet.
Leserabe – Lesen lernen mit Comics
Wie habe ich mich gefreut, als ich das erste Buch davon in der Hand hatte! Comics in Erstlesebüchern. Immer wieder höre ich von Eltern, dass ihre Kinder nur schwer zum Lesen zu bewegen sind, dafür umso lieber zu Comics greifen. Warum nicht? Solange es nicht beim Bilder betrachten bleibt und auch der Text gelesen wird, spricht für mich nichts dagegen.
Lesen lernen mit Comics von Ravensburger ist gleichzeitig eine Form des gemeinsamen Lesens. Erstmals hat cbj mit der Reihe „Erst ich ein Stück dann du“ Bücher veröffentlicht, in denen genau vorgegeben ist, welche Abschnitte das Kind und welche die Erwachsenen lesen sollen. Der Part für das Kind ist beim Leserabe in Form eines Comics abgebildet. In meinem Beitrag Ein Fall für Hamstermän – Der Schreihals schlägt zu stelle ich eins der Bücher ausführlich vor.
Leserabe – Lesen lernen mit tiptoi
Für den tiptoi Stift gibt es viele Spiele und Bücher für Kinder, darunter Sachbücher, ein Englischwörterbuch für die Grundschule und mittlerweile sogar Erstlesebücher. Wie bei der Silbenmethode werden hierfür keine neuen Geschichten veröffentlicht, sondern bereits vorhandene Erstlesebücher neu aufbereitet. Die Illustrationen und der Text bleibt unverändert, lediglich der Rabe hat sich auf einigen Seiten hinzugesellt. Wird er mit dem tiptoi Stift angetippt, ertönt ein Leserätsel.
Die Bücher der Kategorie Lesen lernen mit tiptoi sind für 6-8 Jährige gedacht und entsprechen damit Lesestufe 1. Ravensburger wirbt nun damit, dass durch das audiodigitale Lernsystem zusätzlich in drei Schwierigkeitsstufen unterteilt wird. Bei Stufe 1 liest der tiptoi Stift die Geschichte absatzweise vor. In Stufe 2 liest der Stift immer nur eine Zeile und diese so langsam, dass das Kind mitlesen kann. Als letzte Steigerung liest das Kind in Stufe 3 den Text eigenständig und nur bei den grau markierten Worte hilft der Stift.
Der Preisunterschied zur gebundenen und erst recht zur broschierten Ausgabe ist beachtlich. Für mich ist Lesen lernen mit tiptoi lediglich eine nette Spielerei. Wer einen tiptoi Stift besitzt, kann es ausprobieren, sich eigens dafür einen Stift zu kaufen, rate ich nicht.
Leserabe – Themen und Inhalte
Ähnlich wie bei der Reihe Büchersterne von Oetinger werden beliebte Themen und Figuren wie Fußball, Drachen, Monster, Pferde, Feen usw. aufgegriffen, so dass eigentlich jeder fündig wird. Beim Leserabe ich mir aufgefallen, dass besonders Bücher für Jungen eine größere Gewichtung erhalten. Ehemals konnten Detektivgeschichten mit Nick Nase begeistern, später Krimis in historischen Kontext des Autors Fabian Lenk.
Derzeit sind es Antihelden wie Hamstermän, Superhelden wie „Agent Andy Action“ oder „Ratekrimis für Superdetektive“, die Spannung und Abenteuer versprechen. Auch in Noah gehört dazu und „Kung-Fu im Turnschuh“ sind es männliche Protagonisten, die es vor allem Jungen ermöglichen, sich mit dem Protagonisten zu identifizieren. Wiederholt haben diese in ihrem (Schul-)Umfeld Schwierigkeiten, sich zu behaupten oder gegen Mobbing zu wehren. Bei Kung-Fu im Turnschuh wird dieses Thema sehr gelungen gelöst, das Erstlesebuch der Lesestufe 3 gefällt mir richtig gut.