Thabo – Detektiv und Gentleman bzw. Detektiv oder Gentleman, da muss er sich noch entscheiden – erzählt uns eine Detektivgeschichte im Süden von Afrika. Als er mit seinem Onkel und den Touristen auf Safari ist, entdecken sie ein totes Nashorn. Thabos erster Kriminalfall!
Als Waisenjunge lebt er bei seinem Onkel und hilft diesem bei der Arbeit. Seine Freunde könnten unterschiedlicher nicht sein. Emma ist die Tochter von Engländern, die in dem ehemaligen britischen Protektorat verblieben. Sie ist nur noch in den Ferien in Swasiland, da sie in England zur Schule geht. Sifiso lebt als Ältester mit seinen Geschwistern in einer heruntergekommenen Hütte, seine Eltern sind gestorben. Während es bei Emma gemäß britischer Gepflogenheiten regelmäßig Tee und Gebäck gibt, ist Sifiso immer wieder damit beschäftigt, seine kleine Schwester davon abzuhalten, die Touristen nach Essen anzubetteln.
Thabo darf seinen Onkel Vusi, einen Ranger, auf Touristen-Safari im Jeep begleiten. Ausführlich erfahren wir aus Sicht eines afrikanischen Jungen die für Thabo äußerst merkwürdigen Verhaltensweisen der Touristen. Nachdem sie bereits einige Großtiere aus nächster Nähe gesehen haben und die Touristen in bester Laune ununterbrochen Fotos knipsen, könnte der Höhepunkt der Safari ein Nashornbaby werden, das Vusi am Wegrand entdeckt. Doch was sie kurz darauf finden, verschlägt allen die Sprache und ist Thabos erster richtiger Kriminalfall.
Kirsten Boies Sprachstil muss einem gefallen – oder eben nicht. Viele Nebeninformationen und Zwischenbemerkungen von Thabo sorgen für Auflockerung, bremsen aber auch die voranschreitende Handlung mächtig aus. Die Schauplätze in einer uns unbekannten Landschaft, deren klimatische Besonderheiten und einige Gepflogenheiten der Einwohner des Königreiches Swasiland werden geschickt eingeflochten, ohne den Verdacht zu erwecken, mit Sachinformationen zu belehren. Einzelne Wörter oder kurze Sätze sind in siSwati verfasst und klingen ebenso wie die Namen, z.B. Sibusiso Pilot Madlopha, für uns sehr ungewöhnlich. Glücklicherweise wird genannter Junge in der Kurzform Pilot gerufen und für kompliziertere Fälle hilft die Namensliste hinten im Buch. Dort befindet sich auch eine „Alphabetische Liste aller schwierigen Wörter“, also ein Kurzwörterbuch für die Übersetzung.
Thabos Leben verläuft so gänzlich anders als das europäischer Kinder. Was für uns selbstverständlich erscheint – regelmäßig gutes und vor allem abwechslungsreiches Essen, Kleidung, ideale Wohnverhältnisse, bergeweise Spielzeug – ist für die Kinder in Swasiland lediglich ein schöner Traum. Hier sind verwaiste Kinder keine Seltenheit, da die HIV-Rate so hoch wie in keinem anderen Land ist. In der Nachbemerkung und der Danksagung am Ende des Buches verweist Kirsten Boie noch einmal explizit auf diese bittere Realität. Für sie ist der Fall Thabo mehr als eine Kinderbuchgeschichte. Sie ist Vorstandsmitglied der Möwenweg-Stiftung, die sich für Hilfe vor Ort einsetzt (in Swasiland), Patenschaften vermittelt und darüber hinaus Flüchtlingsprojekte finanziell unterstützt. Für weitere Informationen hier klicken.
Fazit: Die exotische Kulisse, in die der Leser aus Sicht eines afrikanischen Jungen eingeführt wird, sind das besondere, interessante dieses Buches. Wer eine Detektivgeschichte mit schnell voranschreitender Handlung und Spannung wünscht, dem sei allerdings davon abgeraten. Die Hintergründe, warum Nashörner in Afrika für ihr Horn getötet werden und was das für den Erhalt ihrer Art bedeutet, werden Kindern mit diesem Buch nahe gebracht.
Kirsten Boie (Text) & Maja Bohn (Illustrationen):
Thabo-Detektiv und Gentleman. Der Nashorn-Fall
Oetinger 2016
ISBN: 978-3789120336
304 Seiten, gebundene Ausgabe, Preis: 12,99€