[Inhalt und Rezension]
„Das Dunkle und das Helle“ ist ein wundervolles Bilderbuch über dunkle und helle Tage im Leben, über Freundschaft, Mut und noch viel mehr. Es macht Kinder stark und ist für philosophische Gespräche sehr gut geeignet.
Das Struppige lebt in der Finsternis. Unglücklich hockt es da. Nicht weit entfernt ist das Land der Farben. Aber wie kommt es hinüber? Alleine? Unmöglich. Große Schritte im Leben sind oft leichter, wenn man sie zu zweit geht. Wie gut, dass nicht nur das Struppige neugierig zur anderen Seite schaut, sondern von dort das Zarte sehr vorsichtig über den Rand zwischen den beiden Welten lugt. An der Grenze treffen sich die beiden, nähern sich allmählich einander an. Eines Tages ist es soweit, das Struppige wagt sich auf die andere Seite. In Begleitung des neuen Freundes findet es sich im Hellen zurecht.
Doch ein Unglück geschieht. Das Zarte verschwindet, verschluckt von einem schwarzen Loch und landet auf der anderen, der dunklen Seite. Es fürchtet sich sehr. Nun reicht das Struppige die helfende Hand. Es führt das Zarte durch seine finstere Welt und nimmt ihm die Angst vor der Dunkelheit. Gemeinsam überschreiten sie die Grenze zwischen den Welten und schaffen es am Ende, ihr gemeinsames Zuhause im Licht der Farben zu errichten. Die Finsternis bereitet ihnen keine Angst, denn die kennen sie inzwischen gut. Das Dunkle wird für immer ein Stück Heimat für sie bleiben. Ihr anderes Haus steht dort und vollständig wird man die dunklen Flecken wohl nie wieder los…
Dunkle und helle Tage im Leben
Dunkle Tage gehören zum Leben wie die Sonne zum Tag. Niemand mag sie, sie fühlen sich trübe und schwer an. Wer mehrfach den Weg ins Licht gefunden hat, der weiß, dass die Finsternis nicht von Dauer sein muss. Das nimmt ihr den Schrecken und macht Mut.
„Das Dunkle und das Helle“ ist ein außergewöhnlich kraftvolles und tiefgründiges Bilderbuch. Es kann ebenso die Grundlage für philosophische Gespräche, wie Gesprächsanlass in therapeutischen Settings mit Kindern sein. Mit diesen Bildern kann man wunderbar arbeiten.
Dabei sind vielfältige Interpretationen möglich: Angst vor dem Unbekannten, Neugier, Mut und Freundschaft bis hin zu Angst, Depressionen, Verlust und Trauer. Es gibt ganz viele Anknüpfungspunkte, die das Bilderbuch ermöglicht, weil es an entscheidenden Stellen unbestimmt bleibt und nicht zu konkret wird.
Cyanotypie
Der hohe Anspruch setzt sich bei den Bildern fort. Die Illustratorin Julie Völk zeichnete bereits in anderen Bilderbüchern mit feinen Strichen sehr detailreiche, bunte Bilder, mit denen sie sich fast schon auf eine naive Art an keinesfalls leichte Themen wagt. Für dieses Buch hat sie zusätzlich die Cyanotypie als Technik gewählt. Was das ist und wie man es mit Kindern selber ausprobieren kann, wird auf der letzten Seite erklärt. Eine wunderbare Idee, denn allzu oft bewundert man als Laie die schönen Bilder und kennt die Techniken nicht, mit denen sie entstanden.
„Das Dunkle und das Helle“ ist ein Bilderbuch mit hohem ästhetischen Anspruch, das ich für den Ethikunterricht und in der Psychotherapie mit Kindern sehr empfehlen kann.
Kerstin Hau & Julie Völk:
Das Dunkle und das Helle
Nord Süd Verlag
ISBN 978-3-314-10460-2
Preis: 15 €
Altersempfehlung: ab 5 Jahren