[Inhalt, Rezension]
Ein warmherziges Bilderbuch für Kinder ab 3 Jahren über den Tod des Vaters. Im Vordergrund des Buches steht der langwierige Trauerprozess des kleinen Sohnes, der seinen Vater schmerzlich vermisst.
Zottelige Brummbären sind der Inbegriff von Ruhe und Geborgenheit. Nicht ohne Grund waren sie in Kinderzimmern jahrzehntelang die Nummer 1 unter den Kuscheltieren. Und so ist es sicherlich kein Zufall, dass der Autor und Illustrator Frank Daenen für sein Thema, dass auch viel mit innerem Rückzug und dem Wunsch nach Halt und Geborgenheit zu tun hat, ausgerechnet Bären als Hauptfiguren der Geschichte gewählt hat.
Die Erzählung beginnt wunderbar gemütlich und kuschelig. Kleiner und Großer Bär – vermutlich Vater und Sohn – sitzen beieinander, trinken heiße Milch mit Honig und bereiten sich auf den Winterschlaf vor. Kleiner Bär schmiedet bereits Pläne für den darauffolgenden Frühling und Großer Bär stimmt ihm wohlwollend zu.
Einzig ein knapper Satz deutet etwas an. „Und jetzt ist Schlafenszeit, Kleiner Bär. Ich bin müde.“ Kein Wunder, dass Kleiner Bär dessen Tragweite nicht erkennt. Und so ist er unvorbereitet auf das, was ihm nach dem langen Winter bevorsteht. Er erwacht und alle Tiere sind da – alle außer Großer Bär. Es erfolgt keine Erklärung, was gut so ist. Die Aussage steht für sich.
Traurig, unendlich traurig
Die darauffolgenden Seiten zeigen Kleiner Bär, wie er sich inmitten seiner Freunde einsam fühlt, sie gar nicht wahrnehmen kann, obwohl sie sich sehr um ihn bemühen. Die Trauer zeigt sich auch auf der somatischen Ebene in Form von Bauchschmerzen.
Es dauert lange, fast ein Jahr, bis er in Momenten wieder ganz der alte Kleine Bär ist. Doch immer dann, wenn ihm etwas schief geht, er Ermutigung und Unterstützung benötigt, blitzt die Trauer und das starke Vermissen nach Großer Bär wieder in ihm auf. Wie gut, dass er verständnisvolle Freunde hat, die während der gesamten Trauerzeit in seiner Nähe sind und ihm versichern, dass es überhaupt nicht schlimm ist, jemanden zu vermissen. Gemeinsam behalten sie Großer Bär in liebevoller Erinnerung.
Dieses Bilderbuch beschreibt sehr feinfühlig und herzlich den langen Trauerprozess nach dem Tod des Vaters. Die Botschaft, dass es auch nach fast einem Jahr immer noch in Ordnung ist, zu trauern, ist ausgesprochen wichtig. Allzu oft wird in unserer Gesellschaft gefordert, schnell wieder zum Alltag überzugehen, was nicht für jede/n der richtige Weg ist.
Tod als Einschlafen
Problematisch kann es im Einzelfall hingegen sein, dass das Einschlafen in diesem Buch mit dem Sterben in Verbindung gebracht wird. Aus psychologischer Sicht ist das eher ungünstig, weil Kinder dann Ängste bezogen auf das Einschlafen entwickeln können und es für sie wichtig ist, beides voneinander zu trennen.
Die Tiere in den Illustrationen entsprechen mit ihren kindlichen Proportionen dem Kindchenschema. Vor allem jüngere Kinder ab 3 Jahren können sich damit identifizieren und entsprechend ist die Zielgruppe für dieses Bilderbuch zum Tod des Vaters einzuordnen.
Bilderbuch zum Tod des Vaters
Das Buch ist eine gute Ergänzung auf dem Kinderbuchmarkt. Obwohl es schon zahlreiche Kinderbücher zum Thema Tod und Sterben gibt, ist es selten ein Vater-Sohn-Gespann, das im Mittelpunkt steht. Wer weitere Bücher sucht, sollte unbedingt auf dieser Seite vorbeischauen: Kinderbücher zum Thema Tod und Sterben.
Frank Dänen (Text & Illustrationen) & Rolf Erdorf (Übersetzung):
Heiße Milch mit Honig
Coppenrath 2021
ISBN 978-3-95939-200-6
36 Seiten, gebundene Ausgabe, 22.8 x 32.2 cm
Preis: 16,95 €
Altersempfehlung: ab 3 Jahren