Comics für starke Mädchen

Kann es Comics geben, die nur für Mädchen sind? Nein, das denke ich nicht. Gemeint sind Comics mit weiblichen Protagonistinnen, die mehr zu bieten haben als Ponyreiten und Mädchenträume über rosa Ballettröckchen.

In diesem Beitrag stelle ich euch ausgewählte, empfehlenswerte Comics für starke Mädchen vor. Wobei starke Mädchen natürlich auch schüchtern und verletzlich sein dürfen, schließlich kann es nicht das Ziel sein, neue Stereotype zu entwickeln.

 

Hilda Comic fürstarke MädchenHilda und der Mitternachtsriese

Luke Pearson (Autor & Illustrator) & Matthias Wieland (Übersetzer)
Reprodukt 2016
ISBN 978-3-956-40115-2
44 Seiten * Preis: 13 € [D] * Altersempfehlung: ab 8 Jahren

Hilda fetzt! Das kleine, selbstbewusste Mädchen mit den blauen Haaren lebt mit ihrer Mutter idyllisch und abgelegen in den Bergen. Gleich zu Beginn des Buches flattert ein Brief ins Haus, der die beiden dazu auffordert, umgehend das Haus zu verlassen. Der Absender? Unbekannt. Jedenfalls ist der Brief klitzeklein und es ist merkwürdig, dass sie niemanden sehen können. Kurz darauf erfolgt ein Ansturm auf das Haus, der einem Kriegsgetümmel gleicht. Es stellt sich heraus, dass rings um das Haus eine riesige Stadt von Zwergen steht und Hilda und ihre Mutter mit jedem ihrer Schritte in eins der Häuser trampeln. Dennoch findet Hilda die Vorwürfe ihnen gegenüber äußerst unfair, denn sie konnten das „Verborgene Volk“ schlicht nicht sehen. Um die Angelegenheit zu klären, wendet sie sich an den Bürgermeister, der die an den Premierminister verweist, der sie wiederum zum König schickt. Als dann noch zwei Riesen ins Geschehen hinzu kommen, nimmt die Geschichte eine unerwartete Wende…

„Hilda und der Mitternachtsriese“ ist eine von bisher fünf ins Deutsche übersetzten Hilda-Comics, die unabhängig voneinander gelesen werden können. Hilda ist ein abenteuerlustiges Mädchen, das mit ihrer unvoreingenommen Art überzeugt. Die kleine Abenteuerin zeigt sich mutig und unerschrocken und offen gegenüber allem, was neu und damit fremd ist. Geht ihr etwas gegen den Strich, bringt sie das deutlich zum Ausdruck, ganz egal welchen Rang oder welche Größe ihr Gegenüber hat. Damit widerspricht diese Figur sämtlichen stereotypen Darstellungen von Mädchen in ihrem Alter, was mir sehr gut gefällt.

Die Geschichte lässt sich auf verschiedenen Ebenen lesen, selbst politische Interpretationen sind möglich.

Hilda ist ein Comic, der nicht nur bei Mädchen und Jungen supergut ankommt, sondern über eine große Altersspanne hinweg gelesen wird.

Allzu empfindlich dürfen die Kinder allerdings nicht sein, denn die Bilder spielen gekonnt mit der Angst und deren Überwindung.

 

Mira - Comic für Mädchen von Klett KinderbuchMira #freunde #verliebt #einjahrmeineslebens

Sabine Lemire (Autorin), Rasmus Bregnhøi (Illustrator) und Franziska Gehm (Übersetzerin)
Klett Kinderbuch 2018
ISBN 978-3-95470-189-6
104 Seiten * Preis: 15 € [D] * Altersempfehlung: 9-11 Jahre

Während sich Miras Mutter andauernd neu verliebt, will das mit der Liebe bei Mira einfach nicht klappen. Dabei wäre es gerade jetzt, wo sich ihre beste Freundin an einem viel cooleren Mädchen orientiert, dringend dran, damit Mira endlich mitreden kann. So kann Mira nur zuschauen, wenn alle über Jungs reden, während sie selbst mit ihrem besten Freund hervorragend, aber leider viel zu kindisch, die kreativsten und lustigsten Spielideen entwickelt.

„Mira #freunde #verliebt #einjahrmeineslebens“ ist ein Comic über das etwas komplizierte Leben eines Mädchens an der Schwelle zum Teenagerdasein. In dieser Phase geht es turbulent zu und es ist für Mira nicht einfach, dabei ihren eigenen Weg zu finden. Authentisch erleben wir Mira von unterschiedlichen Seiten.

In Comics kann es ebenso wie in Romanen einen Ich-Erzähler bzw. eine Ich-Erzählerin geben. Das ist in dem Fall Mira, die zeitgleich als Erzählerin und handelnde Person in der Geschichte auftritt. Mit ihrer kindlich-naiven Art, die das Mädchen so sympathisch macht, trägt sie ihre Gefühle offen vor sich her. Tagebucheinträge und Gespräche, in denen sie bei anderen ihr Herz ausschüttet, geben zusätzliche Einblicke in Miras Gefühlswelt, während Miras Instagrambilder nicht immer die Wahrheit zeigen.

So zeichnet sich das Bild eines ebenso starken wie verletzlichen Mädchens ab, das dazugehören und dennoch einen eigenen Weg finden will. Da ihr nach einigen Höhen und Tiefen letztlich genau das gelingt, macht dieser Comic Mädchen Mut, auf die eigenen Gefühle zu vertrauen und kleine Identitätskrisen im Leben durchzustehen.

Ein richtig gut gemachter Comic für Mädchen in dem es zwar rote Kussmünder auf Instagram, aber keine rosa glitzernde Mädchenwelt gibt.

 

Wende-Comic für Teenager über die erste LiebeHerzsturm – Sturmherz

Annette Herzog (Autorin) & Katrine Plante/ Rasmus Bregnhøi (Illustrationen)
Peter Hammer Verlag 2018
ISBN 978-3-7795-0584-6
128 Seiten * Preis: 18 € [D] * Altersempfehlung: 12-15 Jahre

„Herzsturm – Sturmherz“ ist ein Wende-Comic aus zwei Perspektiven. Erzählt wird die Begegnung zwischen einem Jungen und einem Mädchen, die mehr füreinander empfinden. Wenn nur nicht alles so kompliziert wäre! Ungeschickt nähern sie sich an, aber einer von beiden vermasselt die Situation garantiert. Selbstzweifel, Unsicherheit und Angst vor Zurückweisung. Dem entgegen stehen Schmetterlinge im Bauch, Verträumtheit und sexuelle Lust. Die eigenen Eltern sind manchmal eine Hilfe, dann wieder schrecklich peinlich. Patentrezepte und einfache Lösungen gibt es nicht, denn Viola und Storm müssen ihren eigenen Umgang mit den Situationen finden und das tun sie auch. Das Buch endet, als sie sich einander annähern und das ist gleichzeitig der Beginn von etwas, über das wir nichts mehr erfahren, das sich jeder anders erträumen kann.

Der Comic kann auf ganzer Linie überzeugen.

Das Buch ist aus zwei Blickwinkeln zu lesen, dem von Viola und dem von Storm. Dabei ist es egal, mit welcher Seite man beginnt, in der Mitte des Buches und jeweils am Ende der einzelnen Handlungsstränge werden beide zusammengeführt. Mit keinem gestalterischen Mittel hätte deutlicher zum Ausdruck kommen können, dass ein und dieselbe Situation von Menschen unterschiedlich wahrgenommen wird und sich ein Versuch, die eigene Perspektive zu verlassen, immer lohnt.

Die Illustrationen gehen weit über den Rahmen eines einfachen Comics hinaus. Teilweise wird das Geschehen ohne Text vollständig auf Bildebene erzählt, dann gleicht der Bildaufbau beinahe einem Wimmelbild und auch Seiten mit Textbausteinen, Sachtexten und Tagebuchauszügen kommen vor.

 

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