Der Giraffenjunge Gisbert fühlt sich wohl in seiner Kinderwelt, bis er eines Tages hört, wie zwei Hyänen über ihn tuscheln. Deutlich spürbar wird er sofort einige Zentimeter kleiner und fortan lässt ihn jedes unfreundliche Wort weiter schrumpfen. Erklären kann er sich dies zunächst nicht, bis eines Tages ein Geschenk von seinen Freunden vor der Haustür liegt.
Gilbert ist ein glücklicher Giraffenjunge im Kindergartenalter. Er spielt mit seinen Freunden und genießt das sorgenfreie Leben. Doch die hinter seinem Rücken über ihn tuschelnden Hyänen, das misslungene Vorspiel auf der Trompete und viele weitere, alleine eigentlich unbedeutenden Hänseleien und Misserfolgserlebnisse nagen an Gisberts Selbstwertgefühl. Er schrumpft und schrumpft. Jede Demütigung lässt ihn kleiner werden, ohne dass er irgendetwas dagegen unternehmen könnte.
Den besorgten Eltern kann er den Grund für seine Veränderung nicht sagen, er weiß ja auch nicht, was mit ihm los ist! Traurig und resigniert hockt er daheim. Unerwartet stellen ihm die Freunde ein Geschenk vor die Tür und mit der freundlichen, wohlwollenden Geste verändert sich etwas in Gisbert, so dass er endlich mit seinen Eltern darüber sprechen kann, was ihn bewegt.
Der Giraffenjunge steht stellvertretend für all die Kinder, die sehr genau wissen, was es heißt, gehänselt, ausgegrenzt oder gar gemobbt zu werden. Wie auch bei Gisbert und seinen Freunden muss dahinter keine böse Absicht stehen. Ein unbedarfter Kommentar aus einer augenblicklichen Laune heraus ist manchmal ausreichend, um den anderen zu verletzten. Kinder, die im Kindergartenalter noch sehr Ich-bezogen sind, lernen erst allmählich, sich in andere hinein zu versetzen und emphatisch zu handeln. So kann es vorkommen, dass ihnen in der nächsten Minute leid tut, was sie eben getan haben.
Wie der Sinneswandel bei Gisberts Freunden zustande kommt, erfahren wir leider nicht. Haben sie bemerkt, wie schlecht es Gisbert inzwischen geht? Oder haben die Eltern Gisberts eine vermittelnde Rolle eingenommen? Wie dem auch sei, aus Gilberts Sicht ist die Frage nach dem Grund weniger relevant. Für ihn zählt einzig, dass der Kreislauf aus Ablehnung, Selbstabwertung, Rückzug und dadurch wiederum verstärkte Ablehnung durch die anderen endlich durchbrochen wird.
Beispielhaft zeigt Gisbert mit seinem Verhalten auf, wie entlastend ein Gespräch mit Personen des Vertrauens ist und ermutigt damit von Mobbing betroffene Kinder, sich Rat und Hilfe bei Erwachsenen zu holen. Anschaulich werden in Wort und Bild die Sichtweisen der Betroffenen dargelegt und Lösungswege aufgezeigt, ohne irgendwem Schuld zuzuschreiben oder Vorwürfe zu erteilen.
Die farbenfrohen Illustrationen sind sehr ansprechend und erzielen ihre Wirkung durch die unterschiedlichen Perspektiven, die die Wahrnehmung Gisberts behutsam widerspiegeln. Aufgrund der ausdrucksstarken Körperhaltung und Mimik ist die Gefühlswelt der Tiere auch für jüngere Kinder gut nachvollziehbar.
Fazit: „Was ist bloß mit Gisbert los?“ ist als problemorientiertes Bilderbuch bestens geeignet, um mit Kindern über einen respektvollen, achtsamen Umgang ins Gespräch zu kommen. Es ist für Kinder ab 3 Jahren geeignet und bietet sich für eine Verwendung im Unterricht der Grundschule bis Klasse 2 an.
Jochen Weeber (Autor) & Fariba Gholizadeh (Illustartorin):
Was ist bloß mit Gisbert los?
Patmos 2016
ISBN: 978-3843607018
24 Seiten * gebundene Ausgabe 12,99€ * Altersempfehlung: 3-7 Jahre