Derzeit sind Kinderbücher über Inklusion jenseits von Migrations- und Fluchtgeschichten unter den Neuerscheinungen nicht häufig zu finden. Umso erfreulicher ist es, dass mit diesem auch ein Buch für Erstleser vorliegt.
In die Klasse 2a kommt ein neuer Mitschüler. Er heißt Noah, war bisher in einer Klasse mit nur sieben Mitschülern und ist wegen dem Schulwechsel furchtbar aufgeregt. Auf die anderen Kinder wirkt er sonderbar. Er versteckt sich hinter seiner Mutter, fliegt durchs Klassenzimmer als wäre er ein Flugzeug, wippt auf seinem Stuhl und fängt bei Lärm wie ein Verrückter mit Schreien an. Für Momo ist das kein Problem. Sie stottert und versteht Mathe nicht, kann aber statt dessen genau nachvollziehen, was Noah braucht, um sich wieder zu beruhigen. Eine Schneekugel zum Beispiel. Die nette Lehrerin Frau Wagner hat noch eine andere Idee: ein Tier. Und so hält Mirko, ein quirliger, kleiner Hund, Einzug ins Klassenzimmer und zwischen ihm und Noah entwickelt sich schnell eine besondere Beziehung – leider nicht ohne Eifersucht und Ärger mit einem anderen Jungen.
Dieses Erstlesebuch der Reihe Leserabe widmet sich dem Thema Inklusion. Ohne auf Diagnosen und deren Bezeichnung einzugehen wird Noah mit seinem etwas sonderbaren Verhalten vorgestellt. Damit trifft er in der Klasse bei den meisten Kindern zunächst auf Unverständnis. Die schnelle Freundschaft mit einem ebenfalls leicht beeinträchtigten Mädchen und dem Klassenhund, dank dem Noah sich als Hundeflüsterer erweist, sind idealisiert dargestellt. Da das Buch der 2. Lesestufe angehört und die Textmenge somit überschaubar bleiben sollte, wäre eine umfassendere Betrachtung allerdings schwer möglich. Ein gewisses Durcheinander, dass in Inklusionsklassen wie auch in „normalen“ Grundschulklassen entstehen kann und bei dem die Klärung emotionaler Probleme mitunter Vorrang hat, werden in der Geschichte gut aufgezeigt. Ein Unterrichtshelfer gehört ebenfalls dazu.
Der Text ist mit Kapiteln von jeweils fünf bis neun Seiten Länge, großer Fibelschrift, kurzen Zeilen und Trennung am Zeilenende entsprechend des Sinnzusammenhanges optimal an die Zielgruppe angepasst. Der Verlag gibt als Empfehlung ab der 2. Klasse an. Das sollte aber immer individuell entsprechend des Lernstandes des Kindes entschieden werden. Jedes Kapitel endet mit einer Frage, um das Leseverständnis zu unterstützen. Die Auswahl ist sehr gut gelungen, da sie in der Regel nicht direktes Wissen aus dem Text abfragt, sondern weiterführend auch das lesende Kind und dessen Lebenswelt einbezieht, indem beispielsweise nach dem eigenen Freund gefragt wird. Häufig reicht ein kurzer Satz als Antwort nicht aus und es muss begründet und argumentiert werden, wenn zum Beispiel zu beantworten ist, warum Kai Noah nicht mag. Damit eignet sich das Buch sehr gut als Klassenlektüre, bei der im Anschluss alle gemeinsam die Fragen diskutieren. Weniger gelungen sind die Leserätsel am Ende des Buches, da Schlangenwörter und Buchstabengitter besonders leistungsschwachen Kindern schwer fallen, damit demotivieren können und sich didaktisch nicht begründen lassen.
Noah gehört dazu von Hannelore Dierks (Autorin), Susanne Göhlich (Illustratorin), Ravensburger 2015, gebundene Ausgabe 7,99€, 48 Seiten, ISBN: 978-3473364534